Absinth
Rätsel um Absinth gelöst

Ein Karlsruher Forscher hat jetzt das jahrhundertealte Rätsel um Absinth gelöst. Für die Wirkung des legendären Kräuterschnapses ist nicht - wie lange vermutet - das Nervengift Thujon, sondern schlicht der hochkonzentrierte Alkohol verantwortlich.

"Grüne Fee" - Absinth 

"Die psychoaktive Wirkung ist ein Märchen gewesen", so Dirk Lachenmeier, Experte des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts (CVUA) Karlsruhe. Bislang sei die Wissenschaft davon ausgegangen, dass Absinth viel Thujon enthalte. "Das stimmt aber nicht", betont Lachenmeier, der mit Kollegen aus den USA und Großbritannien zu diesem Ergebnis kam. 

Absinth, wegen seiner Farbe auch bekannt als "grüne Fee", wird aus destillierten Kräutern oder Kräuterextrakten hergestellt. Dazu gehören echter Wermut und grüner Anis, der für den märchenhaften Beinamen verantwortlich ist. Absinth sei jedoch weder ein verbotenes Betäubungsmittel, noch zeige der Schnaps ähnliche Wirkungen wie illegale Rauschdrogen, sagte Lachenmeier. 

Untersuchung alter Flaschen

Die Forscher analysierten erstmals in historischen Flaschen aus der Zeit vor 1915 den Gehalt von Thujon. In früheren Studien aus den 80er und 90er Jahren war eine Menge von bis zu 260 Milligramm Thujon pro Liter auf rein theoretischer Basis und ohne chemische Analyse ermittelt worden. Das Team um Lachenmeier hat dagegen sowohl in neuen Versuchen mit historischen Rezepturen als auch in 13 alten versiegelten Flaschen wesentlich weniger Thujon entdeckt. Das Ergebnis: Im Schnitt enthielten die Proben nur 25,4 Milligramm Thujon je Liter.

Absinth, oft mit Wasser verdünnt getrunken, war unter anderem von Künstlern wie dem Schriftsteller Oscar Wilde und den Malern Paul Gauguin und Henri de Toulouse-Lautrec in großen Mengen getrunken worden. Deshalb hielt sich die Legende, der Schnaps stimuliere zu Höchstleistungen und verändere das Bewusstsein. Absinth gebe dem Leben eine "feierliche Färbung" und helle seine dunklen Tiefen auf, schrieb zum Beispiel der Dichter Charles Baudelaire. Lange wurde dem giftgrünen Trunk auch nachgesagt, er löse Halluzinationen oder epileptische Anfälle aus; der Maler Vincent van Gogh soll sich sein Ohr unter dem Einfluss von Absinth abgeschnitten haben.

Früher verboten - heute Modegetränk

Wegen der angeblichen Folgen übermäßigen Konsums war Absinth 1915 in Frankreich verboten worden, Deutschland folgte 1923. Seit 1998 wird in vielen europäischen Staaten wieder Absinth verkauft, der laut EU-Richtlinie maximal 35 Milligramm Thujon je Liter enthalten darf. Als Modegetränk feiert er eine Renaissance in deutschen Bars und im Internethandel.